Nahrungsmittel sind ein wertvolles Gut, dass nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch aus ethischer Perspektive einen verantwortungsbewussten Umgang erfordert: Bei der Produktion von Lebensmitteln werden wertvolle Ressourcen verbraucht und klimaschädliche CO2-Emissionen verursacht. Jeden Tag werden viel zu viele Lebensmittel weggeworfen.
Knapp 12 Millionen Tonnen Lebensmittel werden jedes Jahr in Deutschland in der Landwirtschaft, in der Produktion, im Handel, in der Außer-Haus-Verpflegung und in den Privathaushalten entsorgt. Das entspricht Lebensmittel im Wert von rund 21 Milliarden Euro.

In diesem Leitfaden zeigen wir, wie Händler:innen mit kleinen und kostengünstigen Mitteln nicht nur mehr Lebensmittel verkaufen können, sondern auch weniger davon wegwerfen müssen.

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Lebensmittelsicherheit im Fokus

Etwas mehr als die Hälfte der Lebensmittelverschwendung – also Food Waste – entsteht in privaten  Haushalten (52 %), die Hälfte davon wäre vermeidbar. Auf den Handel entfallen lediglich 4 % der in Deutschland verursachten Lebensmittelabfälle. Einzelhändler:innen gehen mit Lebensmitteln sorgsam um und leisten damit einen Beitrag zum bewussten und nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln. Die Verlustquote im deutschen Lebensmittelhandel ist gering und beträgt über alle Warengruppen im Durchschnitt nur knapp 2 % (1,76 %) bezogen auf die Umsätze.

Neben dem bewussten Umgang mit Lebensmitteln steht die Lebensmittelsicherheit für den Einzelhandel an erster Stelle: Händler:innen tragen die Primärverantwortung und begründen in einem sorgsamen Umgang mit diesen sensiblen Waren das Vertrauensverhältnis zum Kunden. Heute erwarten Kundinnen und Kunden ein vielfältiges und jederzeit verfügbares Angebot einwandfreier und sicherer Lebensmittel – und dies bis zum Ende des Tages.

Viele Frischwaren sind am nächsten Tag nicht mehr verkaufsfähig, so entstehen  Lebensmittelabfälle. Im Rahmen der „Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft beteiligen sich 23 Unternehmen des Lebensmittelgroß- und Einzelhandels.

So reduzieren Sie Lebensmittelverluste

Je mehr von der bestellten Ware verkauft wird, desto besser. Händler:innen wissen, dass der Bedarf so gründlich und vorausschauend wie möglich geplant werden muss.

  • Optimieren Sie fortlaufend Ihre Bestellmengen durch ein optimiertes Warenwirtschaftssystem.
  • Erhöhen Sie die Umschlaggeschwindigkeit der Produkte mit den richtigen Artikeln im Markt. So verringern Sie gleichzeitig die Verderbquote und steigern den Frischegrad Ihres Sortiments.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Lieferanten und setzen Sie auf kleinere Bestellmengen sowie kürzere Bestellrhythmen. Kurze Lieferwege und regionale Erzeugnisse ermöglichen ein konstantes Angebot an Fischware.
  • Arbeiten Sie bei Waren des täglichen Bedarfs mit einem modernen Prognosesystem. Abverkaufsdaten aus den Vorjahren helfen, die Bestellmengen zu optimieren. Bei Frischeprodukten und anderen schnell verderblichen Waren wird es etwas kniffliger, da hier saisonale Bedingungen sowie dichtere MHD zu berücksichtigen sind. Optimal sind Prognosesysteme, die auf bestimmte Faktoren wie die Wetterlage in Echtzeit reagieren.

Wichtig sind eine einwandfreie Wareneingangskontrolle und die Prüfung der MHD-Restlaufzeiten bei Warenanlieferung. Verlass ist auf jeden Fall auf gut geschulte Mitarbeiter:innen, die wissen, worauf es bei der Warenbeschaffung ankommt: Zum Beispiel, dass weniger Grillfleisch bestellt werden muss, wenn der Wetterbericht Gewitter vorhersagt.

Interne Warenbörse bei Filialen

Filialen können in einem internen Webshop untereinander Lebensmittel tauschen: Rest- und Sonderposten, Bestandsüberhänge oder Milchprodukte mit Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) sowie schnell verderbliche Produkte wie Obst und Gemüse können so weiter vermittelt werden.

Der richtige Umgang mit dem MHD

Wenn Produkte bereits nahe am Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) sind oder aber leicht verderblich, wie z. B. Obst, Gemüse und Brot, können diese zu vergünstigten Preisen angeboten werden. Die auffällige und deutliche Reduzierung spricht Kunden konkret an und hilft Unternehmen, weniger Lebensmittel mit abgelaufenem MHD wegwerfen zu müssen.

Beachten Sie

  • Versehen Sie die Ware auffällig mit Rabattaufklebern
  • Stellen Sie für die reduzierten Waren eigene Boxen im Geschäft. Auch gemischte Warentüten mit Produkten aus dem Trockensortiment wie zum Beispiel Nudeln, Konserven oder Backwaren können reduziert verkauft werden.
  • Lebensmittel mit abgelaufenem Verbrauchsdatum dürfen nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Laut Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG) ist der Verkauf solcher Produkte verboten. Das Lebensmitterecht fordert von Ihnen eine erhöhte Sorgfaltspflicht.
  • Bis zum Ende des MHD garantiert der Hersteller für die einwandfreie Beschaffenheit des Lebensmittels. Nach dem Ablauf sind Sie dafür verantwortlich. Dies gilt im Übrigen für alle abgegebenen Lebensmittel (auch vor Erreichen des MHDs oder für Produkte ohne MHD).

Sonderaktionen und Preisreduzierungen

Da Händler:innen ihre Waren regelmäßig auf ihre Qualität prüfen, zum Beispiel auf Aussehen und Beschaffenheit, werden in diesem Arbeitsschritt die Regale meist auch nach MHD-Restlaufzeiten bestückt und gepflegt. Dadurch können frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden, um  verderbsgefährdete Produkte zu verkaufen. Preisreduktionen kennzeichnet man am besten durch:

  • auffällige Preisreduzierungen (rotes Etikett),
  • Sonderaktionen im Geschäft,
  • eine gesonderte Platzierung.

Wenn diese preisreduzierten Waren wertig dargeboten werden, trägt das ebenfalls zur Wertschätzung der Lebensmittel durch die Kund:innen bei, da sie nicht schlechter sind als andere Lebensmittel.

Zu gut für die Tonne!

Der gesteigerte Abverkauf durch gezielte Rabatte zahlt auch auf die nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein. Mit Zu gut für die Tonne! sensibilisiert das BMEL seit 2012 für einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln. Best Practices aus der Branche sowie Infos zu Aktionswochen finden sich auf der Webseite der Kampagne: www.zugutfuerdietonne.de.

Gutes tun: Spenden Sie an karitative Zwecke

Der Lebensmittelhandel gehört seit langem zu den größten Unterstützern der mehr als 900 lokalen Tafel-Organisationen, die überschüssige und qualitativ einwandfreie Lebensmittel kostenlos oder gegen einen symbolischen Betrag an sozial und wirtschaftlich benachteiligte Menschen weitergeben. Dieses seit mehr als 20 Jahren bewährte Prinzip basiert auf freiwilliger Zusammenarbeit. Damit wird zugleich dem SDG 12.3 entsprechend ein aktiver Beitrag zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen geleistet.

Wenn Sie bald oder bereits abgelaufene Produkte nicht mehr verkaufen wollen, können Sie diese an karitative Organisationen wie die Tafeln e. V. oder andere lebensmittelrettende Organisationen abgegeben werden. Was bei Lebensmittelspenden zu beachten ist, erklärt ein Leitfaden des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft: https://bit.ly/3sCUmbY.

Kooperationen mit den Tafeln

Seit Gründung der ersten Tafel im Jahr 1993 in Berlin treten die Tafeln gegen  Lebensmittelverschwendung an. Heute unterstützen die Tafeln bis zu 1,5 Millionen bedürftige Menschen mit Lebensmittelspenden in Deutschland. Zu den Tafel-Nutzern zählen Arbeitslose genauso wie Geringverdiener und Rentner. Etwa 2.000 Fahrzeuge sind bundesweit für die Tafeln im Einsatz. Mit der Losung „Lebensmittel retten. Menschen helfen“ baut die Organisation eine Brücke zwischen Überfluss und Mangel, lindert die Folgen von Armut in einem der reichsten Länder der Erde und gibt benachteiligten Menschen ein Gesicht und eine Stimme.

Klimaschutzoffensive: Food Waste vermeiden, Spenden an die Tafeln

Falls Sie ebenfalls Lebensmittel spenden möchten, können Sie bundesweit 930 Tafeln oder
ähnliche lokale Organisationen kontaktieren: www.tafel.de.

Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und den darin definierten „Sustainable
Development Goals“ (SDGs) wurden erstmals feste Ziele für ein globales und mehrdimensional nachhaltiges Wirtschaften der Weltgemeinschaft festgelegt.

Der deutsche Lebensmittelhandel setzt sich seit vielen Jahren für die Einhaltung von Menschenrechten und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen innerhalb ihrer Lieferketten ein. Eine Publikation des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) beleuchtet das vielfältige Engagement der Branche: https://bit.ly/3RuVsjs.

Begeistern Sie Ihre Kundschaft und kommunizieren Sie Ihr Engagement

Machen Sie auf Ihr Engagement aufmerksam und sensibilisieren Sie auch Ihre Kund:innen für einen bewussten Umgang mit Lebensmitteln. Zum Beispiel mit Informationen zum MHD, der richtigen Lagerung von Lebensmitteln, zum Ressourcenverbrauch in der Lebensmittelproduktion oder auch mit leckeren Rezeptideen für‘s Restekochen.

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