Der Onlinehandel boomt und um nachhaltig erfolgreich zu sein, gilt es auch den Klimaschutz mit in den Warenkorb zu legen! Noch sind die Optimierungspotenziale groß, man denke an die zahlreichen Lieferfahrzeuge oder das immense Verpackungsaufkommen.

Laut Umweltbundesamt sind 2020 pro Person in Deutschland 228 kg Einwegverpackungsmüll angefallen. Im gleichen Jahr wurden hierzulande mehr als vier Milliarden Pakete transportiert. Tendenz: weiter steigend, so die KEP-Studie 2021 des Bundesverbands Paket- und Expresslogistik (BIEK). Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Ökologisierung des Onlinehandels“ errechnete das Umweltbundesamt im Schnitt einen Emissionswert von 200 bis 400 g CO2 je zugestelltem Paket. Durchschnitt heißt: Die Werte sind höher, wenn der Postmann (oder die Postfrau) mehr als einmal klingelt. Es gibt also noch viel zu tun, aber erfreulicherweise auch schon viele nachhaltige Initiativen und Konzepte.

Basierend darauf hat die HDE-Klimaschutzoffensive ein umfassendes Maßnahmenpaket für Sie und uns alle geschnürt. Alle Tipps finden Sie nachfolgend praxisnah erläutert.

Sie können den kompletten Leitfaden auch kostenlos herunterladen (Download startet automatisch beim Anklicken):
Leitfaden Nachhaltiger Onlinehandel

1. Förderung klimakluger Kaufentscheidungen

Im Idealfall folgt bereits das eigene Sortiment konsequent eco-fairen Kriterien. Falls es im Aufbau ist, empfiehlt sich die Integration einer Such- und Filterfunktion für nachhaltige Produkte in den Onlineshop.  Klingt anspruchsvoll? Ist dank Plugin-Softwaremodulen aber längst keine unlösbare Aufgabe mehr. Je transparenter Nachhaltigkeitsaspekte schon in den Produktbeschreibungen kommuniziert werden, desto informierter und letztlich klimaklüger können die Kund:innen Kaufentscheidungen treffen.

Weitere Möglichkeiten für den klimafreundlichen Onlineeinkauf: Das Häkchen für die Sendungszusammenführung und die damit signalisierte Bereitschaft, zugunsten einer Gesamtauslieferung länger zu warten. Oder die Option im Check-out, den CO2-Fußabdruck des Einkaufs durch eine Spende an zertifizierte Klimaschutzprojekte zu kompensieren.  Eine CO2-Analyse-Software ermittelt dabei automatisch die Emissions-Intensität des Produkts. Perfekt, wenn Sie auch selbst klimaneutral agieren und u. a. Grünstrom für Büro und Lager beziehen!

Wie wäre es zudem, wenn Sie Ihre Kundinnen und Kunden für ihr nachhaltiges Kaufverhalten belohnen? Zum Beispiel spielerisch mit einem auf dem Bildschirm wachsenden Wald. Oder mit einem Bonusprogramm, kleinen Präsenten, Aktionseinladungen oder Gutscheinen für den nächsten Einkauf.

Click & Collect – ein Must-have

Mit diesem stationären Service werden Zustellkosten beziehungsweise -ressourcen eingespart. So werden im Fall einer Anprobe, Sichtung oder einem Produkttest vor Ort auch mögliche Retouren vermieden. Hohes Kundenbindungspotenzial inklusive!

Laut Umweltbundesamt sind 2020 pro Person in Deutschland 228 kg Einwegverpackungsmüll angefallen.

2. Klimafreundlicher Versand

Die Wahl des Versanddienstleisters sollte auf möglichst nachhaltig ausgerichtete, zuverlässig agierende Unternehmen fallen und die soziale Komponente mitberücksichtigen. Hetzen die Zusteller zur Haustür oder erwecken sie den Eindruck akzeptabler Arbeitsbedingungen? Auch das sind Botschaften, die mit dem Paket bei der Kundschaft ankommen.

Achten Sie darauf, ob die Anbieter klimaneutral arbeiten, das heißt, ob sie ihre Prozesse durch eine intelligentere Zustellplanung optimieren (bessere Fahrzeugauslastung, effizientere Gestaltung von Lieferrouten), ob sie bei längeren Strecken beispielsweise auf Zugtransporte und für die letzte und sehr entscheidende Meile auf E-Mobilität mit grünem Strom und Lastenräder setzen. Und ob sie verbleibende Emissionen kompensieren.

Llimaschutzoffensive: Nachhaltiger Onlinehandel, Green E-Commerce, klimafreundlicher Versand
Es gilt, erfolglose Zustellungen und ausschweifende Privatfahrten zu Paketshops zu vermeiden.

Die gute Nachricht: Das ist immer öfter der Fall! Auf utopia.de findet sich ein Klimavergleich der fünf großen Paketdienstleister – inzwischen hat sich allerdings schon wieder einiges positiv weiterentwickelt. Auch ein Blick auf (regionale) Start-ups wie Imagine Cargo in Berlin und Hamburg oder Pakadoo lohnt sich. Das Unternehmen liefert an Arbeitsplätze oder öffentliche Pakadoo Points, die Lieferungen aller Paketdienstleister annehmen. Gerade in solchen Paketboxen an zentralen öffentlichen Orten, in Wohngebieten oder an Arbeitsplätzen, sehen Fachleute „Gamechanger“-Potenzial. Es gilt, erfolglose Zustellungen und ausschweifende Privatfahrten zu Paketshops zu vermeiden.

3. Nachhaltige Verpackungslösungen

Für 2021 wird mit über einer Million Tonnen Versandverpackungsabfall in Deutschland gerechnet. Nicht nur die Summe aller Pakete ist das Problem, sondern auch die häufige Überdimensionierung – neben der Ware wird dann jede Menge Luft oder unnötiges Füllmaterial mitgeliefert. Das Umweltbundesamt hält eine Reduktion des Verpackungsmülls zwischen 22 und 45 Prozent jährlich für möglich. Wie das gelingen kann?

UNSERE TOP-TIPPS:

  • Unbeschädigte gebrauchte Kartons der Lieferanten einsetzen
  • Optimal passende Verpackungsgrößen wählen und so viel Verpackungsmaterial wie möglich vermeiden
  • Retourenfreundliche Verpackungen nutzen (die leicht zu öffnen und problemlos wieder zu verschließen sind, beides ist zugleich ein wichtiger Convenience-Aspekt)
  • Möglichst umweltfreundliches Verpackungsmaterial zum Einsatz bringen, z. B. zertifiziert und mit hohem Recyclinganteil
  • Wenn es die Ware zulässt: Versandtaschen gegenüber Kartons und Boxen bevorzugen, da diese sich enger „stapeln“ lassen und für eine höhere Auslastung bei den Lieferfahrzeugen sorgen
  • Altpapier statt Plastik oder Styropor als Füllmaterial verwenden
  • Wenn möglich: Mehrwegsysteme nutzen (diese gelten als das ökologische Optimum, wenn sie denn ausgereift sind. Die Projekte sind spannend, stecken aber meist noch in den Kinderschuhen).
    Beispiel: Forschungsprojekt Praxpack (www.praxpack.de), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und vom Institut Ökopol koordiniert wird
  • Auf integrierte Klebekanten oder innovative Verschlusslösungen achten, sodass auf zusätzliches Klebeband verzichtet werden kann
  • Falls die Verpackungen einen Markenaufdruck haben sollen: auf nachhaltigen Druck Wert legen, beispielsweise wasserbasierte Tinte
  • Rechnungen, Begleitpapiere und Retourenetiketten digital versenden
Mehrweglösungen im E-Commerce
Verpackungsmüll lässt sich um 22-45 % jährlich reduzieren. Unsere Tipps helfen beim nachhaltigen Versenden.

Innovative Anbieter

IM BEREICH EINWEG: u. a. Creapaper (Verpackungen aus Graspapier), De-Pack (Reinpapier), Landpack (Strohfasern, auf Lebensmittelversand spezialisiert), Papacks (Faserguss), Wildplastic (aus Umweltmüll aufbereitet)
IM BEREICH MEHRWEG: u. a. Hey Circle (geeignet für eine Vielzahl an Produkten), Living Packets (High End, hochtechnisiert mit Sensoren), RePack (Beutel aus langlebigen, recycelten Materialien für weiche Waren), XPack (für fast alle Waren)

Mehrweg-Beispiel Memo

Das Unternehmen Memo, spezialisiert auf nachhaltigen Bürobedarf, versendet seine Produkte bereits seit 2009 optional in einer Mehrweg-Versandbox in drei Größen, die mit dem Blauen Engel ausgezeichnet ist. Sie besteht aus sortenreinem Recycling-Kunststoff. Mehr als 30 Tonnen Kartonageabfälle, so heißt es, werden dadurch jährlich eingespart. Die ersten Boxen haben bereits mehr als 200 Umläufe erreicht. Memo betreibt das Mehrwegsystem in Eigenregie. Der Rückversand erfolgt wie eine Retoure.

4. Bloß kein Hin und Her: Retourenvermeidung

Im Jahr 2018 wurden in Deutschland laut Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg 280 Millionen Pakete mit 487 Millionen Artikeln von den Verbraucher:innen zurückgeschickt. Die Umweltwirkung dessen belief sich geschätzt auf 238.000 Tonnen CO2-Äquivalente, was in etwa täglich 2.200 Autofahrten von Hamburg nach Madrid entspricht.

Im Durchschnitt, das wurde im Rahmen der EHI-Studie „Versand- und Retourenmanagement im  E-Commerce 2019“ ermittelt, liegt die Retourenquote bei rund 20 Prozent, mit großen Unterschieden zwischen den Sortimenten. Im Bereich Fashion und Accessoires sind es fast 40 Prozent. Das ist nicht nur schädlich für das Klima, sondern auch wirtschaftlich problematisch. Denn es fallen durchschnittlich für jeden zurückgesandten Artikel Bearbeitungskosten von rund zehn Euro an (bei Fashion rund fünf Euro).

Klimaschutzoffensive: Nachhaltiger Onlinehandel, Green E-Commerce, klimafreundlicher Versand
Retouren sind nicht nur schädlich für das Klima, sondern wegen des Bearbeitungsaufwands auch wirtschaftlich problematisch.


DAS HILFT, DAMIT ES ERST GAR NICHT SO WEIT KOMMT:

  • Präzise Produktbeschreibungen – inklusive Nachhaltigkeitsaspekten, aussagekräftigen Maßangaben, Informationen zu Passform (Hinweis, ob ein Bekleidungsstück oder Schuh z. B. kleiner oder größer ausfällt als üblich), Pflege und Material
  • Hochwertige Produktfotos mit realistischer Farbund Materialdarstellung, vielleicht sogar Videos und 360°-Ansichten
  • Integration von Kundenbewertungen
  • Beratung (ob per Telefon, Social Media, Chat oder einen Online-Größenberater)
  • Plausibilitätsprüfung der Bestellung, bei „unlogischem“ Warenkorb freundliche Rückfrage
  • Analyse von Rücksendegründen und Ableitung von Optimierungen
  • Virtuelle Anprobe, z. B. mittels Avataren
  • Sichere Versandverpackungen, die garantieren, dass die Ware unbeschädigt bei den Kundinnen und Kunden ankommt
  • Schnelle Lieferzeiten

Virtuelle Anprobe
Im Rahmen des Projekts „ECommerce“ der Softwareentwickler Avalution und Assyst sowie den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) entstand eine technische Lösung, um Kleidung virtuell anprobieren zu können. Weitere interessante Lösungen haben u. a. die Unternehmen Bods, das von Zalando übernommene Start-up Fision, NeXR Technologies oder Reactive Reality auf den Weg gebracht.

Grünes Webhosting

Webhosting gehört zur technologischen Basis, um den Onlineshop im Netz zu veröffentlichen. Doch wie bei allen digitalen Tools werden auch hier enorme Ressourcen verbraucht. Daher sollte man Partner in den Blick  nehmen (z. B. Heinlein Hosting, Max Cluster, Timme Hosting), die klimafreundlich agieren, weil sie beispielsweise grünen Strom für ihre Server beziehen und eigene Rechenzentren am Standort Deutschland  betreiben (zugleich ein Argument in puncto Datenschutz, Sicherheit und Zuverlässigkeit).